Niedrigschwellige Begleitung bei Krebs: Psychosoziale Beratungen für Krebspatienten fördern positive Therapieeffekte
Onkologen und Gesundheitsberater können gemeinsam höhere Therapieeffekte bei Patienten erreichen, als wenn jeder für sich arbeiten würde. Dr. Jan Wierecky, niedergelassener Onkologe in Hamburg, setzt deshalb auch auf die Krebsberatung im Gesundheitskiosk. „Die Onkologie ist ein extrem hochspezialisiertes Fachgebiet geworden, mit dem man nur noch umgehen kann, wenn man sich mit anderen Spezialisten zusammentut.“
Damit meint Wierecky nicht nur die sieben Onkologen in seiner Gemeinschaftspraxis. Ihm geht es auch um die Zusammenarbeit mit Netzwerken wie dem der Gesunheit für Billstedt Horn (GfBH UG). „Patienten brauchen jemanden an der Hand, der sie durchs Leben führt.“ Nathalia B. (Name geändert) ist so jemand.
Gerade hat sie die Ausbildung zur Kindergartenhelferin begonnen, als die Diagnose kommt: Brustkrebs. Die 36jährige ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, das älteste ist 18,
die beiden anderen sind 15 und 8 Jahre alt. Der Schock sitzt tief. Alle Ängste, Verzweiflungen und Sorgen um die Zukunft muss sie allein bewältigen.
„In dieser Situation kam Frau B. das erste Mal in den Gesundheitskiosk“, sagt Gesundheitsberaterin Lucie Schauer, die Nathalia B. seitdem begleitet. Sie lässt die Frau erzählen. Über ihre Kinder, die Schule, die Älteste vor ihrem Abitur, die jüngere vor dem Realschulabschluss, die Kleine vor der Versetzung in die zweite Klasse. Über ihre Verzweiflung, dass sie, kaum begonnen, wieder aus der Ausbildung gerissen wird.
Über Geldsorgen. „Das sind Fragen, die wir Ärzte von den Patienten kaum gestellt bekommen“, sagt Jan Wierecky. „Das kann von Beratern wie im Gesundheitsskiosk aufgefangen werden.“ Lucie Schauer bestätigt: „Wir ergänzen, was offen geblieben ist“. Die umfangreichen ergänzenden Beratungs- und Gruppenangebote binden die Patienten in ein Netzwerk ein, in dem sie auch in anderen Gesundheitsfragen Hilfe bekommen.
Dem Onkologen Jan Wierecky ist besonders wichtig, dass – natürlich neben der hochqualifizierten medizinischen Behandlung – auch konkrete soziale Fragen gelöst werden. „An vorderster Stelle stehen für mich der Kündigungsschutz, der Schwerbehindertenausweis und Haushaltshilfen.“ Ohne die Lösung dieser Fragen würden Patienten oft in Armut gestürzt.
Die alleinerziehende Nathalie B. hatte bei ihrer Krankenkasse eine Haushaltshilfe beantragt, auch, um eine Kur antreten zu können. Dies wurde von der Kasse zunächst abgelehnt. Nach einem von Lucie Schauer unterstützten Widerspruch genehmigte die Kasse dann doch. Jetzt geht die Gesundheitberaterin mit der Mutter den Antrag auf die Kur durch. „Und danach“, hofft Nathalia B., „kann ich vielleicht ja meine Ausbildung beenden. Und endlich eigenes Geld verdienen.“
Jan Wierecky wünscht sich noch eines: „Ein unkompliziertes, vernetztes EDV-System, also eine elektronische Patientenakte zwischen Ärzten wäre mir wichtig. Gerade in Bezug auf die Medikation würde das Vieles erleichtern.“