Kongress Armut und Gesundheit

Veröffentlicht am 04.04.2024

Partnerschaft statt Konkurrenz, Patientenorientierung statt Standesmeierei – so lässt sich die Diskussion im Rahmen des Kongresses Armut und Gesundheit über die Gesundheitskioske kurz zusammenfassen. Der Weg dahin allerdings war durchaus geprägt vom Problem der ideologisierten Debatte um den vermeintlich einzig richtigen Weg. Matthias Mohrmann (AOK R/H), Prof. Gerhard Trabert (Sozialmediziner) und Alexander Fischer (Gesundheit für Billstedt/Horn) unternahmen den Versuch, aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven heraus Notwendigkeiten einer Gesundheitsversorgung für von sozialer Benachteiligung geprägten Regionen zu entwickeln.

Die unterschiedlichen Ansatzpunkte wurden schnell deutlich: während Mohrmann und Fischer die Gesundheitskioske als einen großen Schritt hin zu einer gerechteren Versorgung beschrieben, kritisierte Trabert, dass sehr viel Armutsrealitäten bei diesem Konzept ausgeklammert würden, wie zum Beispiel Nichtversicherte und Menschen ohne Papiere. Trabert, der auch Vorstand des Vereins Armut und Gesundheit e.V. ist, engagiert sich seit vielen Jahren genau für diese Menschen. Dass diese Zielgruppe aus dem Konzept der Gesundheitskioske herausfallen, hält er für falsch, zumal diese Zielgruppe immer größer werde.

Fischer hielt dagegen, dass ja gerade in den sozial benachteiligten Regionen sehr viele Menschen, die zwar krankenversichert sind, dennoch aus dem System der Gesundheitsversorgung herausfallen würden. Sprach- und Bildungsbarrieren und medizinische Unterversorgung würden dabei nicht nur bei Menschen mit Migrationshintergrund eine große Rolle spielen, sondern auch bei denen deutscher Abstammung. Es wäre falsch, gerade die benachteiligten Gruppen gegeneinander auszuspielen. Sinnvoll sei doch vielmehr, gemeinsame Ansätze zu entwickeln. So würde der Hamburger Gesundheitskiosk schon von Beginn an mit der Praxis ohne Grenzen kooperieren, die Menschen ohne Papiere kostenlos behandelt.

Mit dem Gesetzesvorhaben von Bundesgesundheitsminister Lauterbach könne das beschriebene Problem möglicherweise gelöst werden, befand Mohrmann. Wenn der Rechtsanspruch auf die Leistungen von Gesundheitskiosken wie geplant umgesetzt werde, sei dies eine der tiefgreifendsten Reformen des deutschen Gesundheitswesens. Die Mischfinanzierung aus Geldern der Krankenkassen und der Kommunen könne dazu führen, dass alle genannten Zielgruppen von den Angeboten der Gesundheitskioske profitieren würden. Von daher kritisierte Mohrmann kritisierte die Kurzsichtigkeit von Teilen der Ärzteschaft, die mit nicht nachvollziehbaren Behauptungen dieses patientenorientierte Konzept ablehnen. Aber vor allem Haltung der drei Ersatzkassen, die aus dem ursprünglich gemeinsamen Projekt ausgestiegen seien, sei nicht zu verstehen, weil die drei Kassen damit das Solidarprinzip verlassen hätten.

Wer sich selbst ein Bild über die 60-minütige, sehr vielschichtige Diskussion machen möchte, kann dies unter diesem Link tun.

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